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1. Sprachenpolitik
Wenn zu Beginn des Jahres 2003 das DFJW sein vierzigjähriges Bestehen begeht, dann kann es bei dieser Gelegenheit auf eine durchaus erfolgreiche Arbeit in der Förderung des Jugendaustausches zwischen den beiden Ländern zurückblicken. Dies entspricht seinem Auftrag, die Beziehungen zwischen den Jugendlichen der beiden Ländern und das Erlernen der jeweiligen Sprache zu fördern. Erfolgreich ist die Arbeit unter anderem deshalb, weil inzwischen mehr als fünf Millionen junger Menschen beider Nationen durch die Austauschprogramme des DFJW gefördert werden konnten. Der Erfolg misst sich aber auch an den Initiativen und Beiträgen des Jugendwerks zur inhaltlichen und methodischen Gestaltung des Jugendaustausches, vor allem im Hinblick auf neue und ungewöhnliche Formen der Sprachvermittlung, insbesondere im außerschulischen Bereich. So sind z.B. mit den "ateliers linguistiques" in den Austauschprogrammen der frühen siebziger Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts schon erste Anstöße für die vom DFJW bis in jüngste Publikationen und Materialsammlungen hinein entwickelte "Tandemmethode" und die Sprachanimation in Jugendbegegnungen gegeben worden. Gleichwohl gibt es Ernüchterndes über die sinkende Zahl der französischen und deutschen Jugendlichen festzustellen, welche die "Sprache des Nachbarn" lernen wollen. Dieses widerspricht eklatant dem erklärten Ziel des französisch-deutschen Kooperationsvertrages, auf den die Gründung des Jugendwerks zurückgeht. Angesichts dieser alarmierenden Situation ist es die Absicht des DFJW, seine Erfahrungen im außerschulischen Sprachenlernen auch für den schulischen Bereich nutzbar zu machen, und zwar auch und besonders für das sogenannte frühe Fremdsprachenlernen in den Grundschulen. Ein altersgemäßer Unterricht, der die Möglichkeiten des Austausches systematisch integriert und sich moderner didaktischer Prinzipien bedient, kann mit Sicherheit einen Beitrag dazu leisten, dass sich die beschriebene beklagenswerte Situation in den nächsten Jahren ändert. Das Projekt "Tele-Tandem" ist diesem Ziel verpflichtet und es steht zugleich in dem größeren sprachpolitischen Zusammenhang, der durch die Ziele des Deutsch-Französischen Jugendwerks bestimmt wird. Diese sind gekennzeichnet durch einen Einsatz für das Konzept der Mehrsprachigkeit innerhalb der Europäischen Union und damit auch für eine Stärkung und den Respekt der sogenannten Minderheitensprachen. Die internationale Verbreitung einer vehikulären Variante des Englischen muss als aktuell gegeben akzeptiert werden; sie manifestiert sich in vielfältiger Weise bis in die Entscheidungen von Landesregierungen, z.B. in NRW hinein, die Englisch als die einzige Fremdsprache der dritten und vierten Grundschulklasse (d.h. für die Altersgruppe der Acht- bis Zehnjährigen) einführen wird. Auch in Frankreich dominiert weitgehend das Englische, da die intensiven Bemühungen der letzten Regierung, eine Sprachenpluralität zu etablieren, nicht die erhofften Wirkungen gezeigt haben. Wenn andere Sprachen als Fremdsprachen in der Schule und in anderen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens ihren Platz behalten sollen, dann nur neben dem "english for international purposes" und nicht als dessen chancenlose Konkurrenten. Es muss als ein Bildungsauftrag aller akzeptiert werden, dass interkulturelle Handlungsfähigkeit, Perspektivenvielfalt und Toleranz nicht über den Erwerb des internationalen Englisch als approximativem Verständigungsmittel, sondern nur über die Begegnung mit Sprechern kulturell gebundener, "markierter" Sprachen natürlich einschließlich der kulturellen und regionalen Varietäten des Englischen erreicht werden können. Dieses in möglichster Vielfalt und möglichst früh in der Biographie europäischer Bürger zu verankern, sollte eine Selbstverständlichkeit sein. Deshalb bemüht sich das Jugendwerk seit geraumer Zeit mit Erfolg darum, dass Programme mit Kindern im Grundschulalter durchgeführt werden können. Der politische Auftrag des Jugendwerks bringt es mit sich, dass seine Verantwortlichen sich im Kontext der Ermöglichung und der Beförderung von Austausch und Begegnung Jugendlicher beider Länder besonders intensiv für den Erwerb des Deutschen in Frankreich und des Französischen in Deutschland einsetzen. Das Projekt Tele-Tandem nimmt für sich in Anspruch, dazu einen innovativen Beitrag zu leisten.
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