Heidemarie Sarter |
1. Die Arbeit mit Computer und Internet als selbstgesteuertes Lernen
Lorenz 1994 gibt im Zusammenhang mit der Diskussion um die Sinnhaftigkeit der Nutzung des Computers auch in der Grundschule einen Überblick über die kognitionspsychologischen Erkenntnisse. Verstehen als wesentlicher Bestandteil von Lernen ist demnach "ein aktiver Interpretationsprozess" (S. 15), der grundsätzlich auf der Basis bereits vorhandener Kenntnisse und Erfahrungen der verstehenden/interpretierenden Person geschieht. Grundlage sind prototypische Begriffe, die sich je nach Lern-, Erfahrungs- und Wissensstand mehr oder weniger wissenschaftlichen Definitionen annähern. Auch Kinder im Vorschul- und Grundschulalter haben bezogen auf ihr alltägliches Handeln und ihre Umgebung, aber auch bezogen auf indirekte, mittelbare Erfahrungen prototypische Vorstellungen, an denen anzusetzen ist, soll der Lernprozess erfolgreich sein: "Der Prozeß des Verstehens [bzw. Lernens 3)] beruht also auf einer Erwartung. [...] Die einkommende Information wird mit Vorauskonstruktionen verglichen, die sich eine Person [...] gemacht hat. Das, was um uns herum geschieht oder gesagt und geschrieben wird, kann nur dann verstanden werden, wenn es an das assimiliert wird bzw. in das integriert wird, was bereits gewußt wird." (S. 15) Das bedeutet - da jede Interpretation rezipientenabhängig ist - auch, dass nicht jeder dieselbe Information in derselben Weise aufnimmt und verarbeitet, dass dieser Verarbeitungsprozess widersprüchlich sein kann oder auch bereits im Vorfeld abgeblockt werden kann. 4) Deshalb heißt es, nicht nur von der "Illusion des kollektiven Lernens" Abschied zu nehmen, sondern auch die kognitionspsychologischen Ausgangsbedingungen gerade von Kindern im Grundschulalter zu berücksichtigen, wie Gardner 1996 ausführt. Nicht alle Schüler konzentrieren sich in ihrem Lernen auf das Gleiche, sie lernen nicht auf dieselbe Weise, sie verarbeiten und interpretieren die dargebotenen Informationen jeweils persönlich-individuell in und mit ihrem je vorhandenen Begriffssystem.
Auch Krauthausen/Herrmann 1994a sprechen sich für einen pädagogisch-didaktisch wohl überlegten Einsatz von Computern im Unterricht in der Grundschule aus. Sie verweisen auf die umfassende und filternde, aus ihrer Sicht jedoch ambivalente Wirkung der Medien, durch die sich Kinder in der heutigen Zeit (ihre) Wirklichkeit erschließen. 5) Werde auf der einen Seite der Erfahrungsbereich der Kinder durch die Medien erheblich vergrößert, so stehe dem entgegen, dass dies zu Lasten direkter Wirklichkeitsbegegnungen gehe. Gerade für den Bereich der Fremdsprachenarbeit in der Grundschule gilt es jedoch festzuhalten, dass die Warnung vor der "Mediatisierung der Erfahrungen" (cf. Anm. 3) heute bereits zumindest zum Teil nicht mehr unbedingte Gültigkeit hat. Im Gegenteil: die Entwicklung der Technik hat zwischenzeitlich Möglichkeiten geschaffen, zeitliche und örtliche Entfernungen und Unterschiede zu überwinden und in quasi direkten Kontakt zu treten. Dies eröffnet noch vor einigen Jahren ungeahnte Möglichkeiten, gerade dem Lernen von Fremdsprachen einen für die Schüler und Schülerinnen auch im Primarbereich persönlichen und aktuellen Sinn zu geben. Dadurch entstehen auch Möglichkeiten, die Fremdsprache anders in das Gesamtprojekt Grundschule und Unterricht einzubetten, als dies bislang möglich war. Dass insbesondere das Internet viele Ansatzpunkte für ein selbsttätiges, von Schülern und Schülerinnen größtenteils selbstgesteuertes Lernen und Arbeiten bietet, werden wir im Folgenden aufzeigen. |
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