Tele-Tandem
Mise en pratique dans les classes partenaires / Umsetzung in den Partnerklassen

Katja Eisenächer
"Tele-Tandem"- Auswertungstagung
Stuttgart, 10.-12. September 2004
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Inhaltsverzeichnis


 
 
1.1 Baden-Baden / Guéret
(Werner Schmoll / Mireille Glunk und Chantal Henninger-Lambert)

Werner leitete im Schuljahr 2003/04 eine 4. Klasse (Frz. 1. FS), Mireille unterrichtete acht Schüler einer CM2 in Deutsch. Grundlegend für die Teilnahme am "Tele-Tandem"-Projekt war für Werner, Mireille und Chantal – der Klassenlehrerin 3) o.g. CM2 – die Neugierde und das Interesse an einer neuen Herangehensweise an den Unterricht lebender Sprachen ("la curiosité d’apprendre sur une autre approche de l’enseignement des langues"). Auf dem "Tele-Tandem"-Einführungsseminar des DFJW in Berlin (September 2003) lernten sich Werner und Mireille persönlich kennen. Sie wurden mit der Projektidee und den technischen Hilfsmitteln (Headsets, Kameras, etc.) vertraut gemacht. Die Anschaffung des technischen Materials nahmen die beiden Lehrer sofort nach ihrer Rückkehr in Angriff. Hochmotiviert trafen sie sich bald täglich ("entre midi et 2") per MSN-Schriftchat und Telefon zu Testzwecken und zur Organisation des weiteren Ablaufs.

"So waren wir in der Vorbereitung bereits das, was unsere Schüler einmal
werden sollten." (Zitat Werner Schmoll)

"Werner war jeden Tag bei uns im Lehrerzimmer und wurde Teil unserer
"Familie." (Zitat Mireille Glunk)


Auf dem als "unerlässlich" bezeichneten Fortbildungsseminar in Tübingen (Oktober 2003) erfuhren Werner und Mireille Genaueres zur Verbindung der Tandemmethode mit den neuen Medien. Gleichzeitig bot das Seminar eine Plattform für die Diskussion technischer Probleme
4) . Auch neue technische Möglichkeiten, z.B. ein Elternabend per Videokonferenz, eröffneten sich. Erfolge waren im Anschluss die Unterstützung durch die Stadt Baden-Baden, die aufgrund der Einmaligkeit des Projekts 5) anfänglich skeptisch war, und Internet-Sitzungen mit Tele-Tutorin Irmi Baumann 6). Ab Dezember 2003 war "Tele-Tandem"-Arbeit zwischen Baden-Baden und Guéret möglich. Da wegen Netzwerkproblemen keine angemessene Online-Verbindung von Schule zu Schule etabliert werden konnte, fanden die Sitzungen auf dt. Seite stets an Werners Privatrechnerstatt. 7) Das "Tele-Tandem"-Zwischenbilanztreffen in Marly-le-Roi (März 2004) brachte einen fruchtbaren und motivierenden Austausch mit den anderen Projektteilnehmern, welche sich ebenfalls mit technischen Schwierigkeiten konfrontiert sahen. 8)

Insgesamt gab es vier "Tele-Tandem"-Sitzungen, während derer die Partner zunächst Kontakt aufnahmen und sich dann gegenseitig Wortschatz zum Thema "Zirkus" beibrachten
9). Obwohl die Verständigung nicht immer einfach war 10), hatte der Webcam-Kontakt doch etwas "Magisches" und die deutsche Sprache war für die frz. Schüler bald mehr als nur ein Schulfach. Im Mai 2004 stand die erste physische Begegnung 11) der Partner in Guéret an. Integriert wurden in die insgesamt zwei Treffen vor Ort auch dt. und frz. Schüler, die nicht für "Tele-Tandem" eingeschrieben waren. Die dt. Schüler entdeckten in Guéret die Partnerregion sowie das schulische Leben in Frankreich und führten in der frz. Schule zur Probe eine noch unvollendete Zirkusvorstellung auf (siehe zweite Begegnung unten). Diese Aktivität und das während der "Tele-Tandem"-Sitzungen Erlernte 12) bildeten die Basis für die anschließende dt.-frz. Tandemarbeit. Außerhalb der gelenkten Tandemaktivitäten (in Vierer- bis Sechsergruppen) fanden sich die Schüler spontan zu Pausenspielen zusammen, bei denen die dt. Kinder den interessierten Franzosen zwei Bewegungs- bzw. Singspiele beibrachten.

"Durch die Sprachanimation, die spontanen gemeinsamen Spiele, ging diese Art des Austausches weit über den üblichen "Austauschtourismus" hinaus."
(Zitat Werner Schmoll)

Die zweite Begegnung fand im Juni in Baden-Baden statt und war durch ein eher klassisches Austausch-Programm geprägt. An zwei Tagen wurde in der Baden-Badener Schule Tandemarbeit durchgeführt: Das Zirkusspektakel (siehe oben) wurde komplettiert, indem die frz. Gäste und der in Guéret im Tandem erlernte "Zirkus"-Wortschatz – an den sich die Schüler laut Mireille recht gut erinnerten – integriert wurden. Das Ergebnis wurde zum Abschluss der Begegnung den dt. Eltern vorgeführt. Zwei dt.-frz. Elternabende per Videokonferenz vereinfachten die Begegnungen. 13)

Auf die Frage eines Experten, welchen Einfluss der "tele"-Aspekt auf die physischen Begegnungen gehabt habe, antworteten Werner und Mireille, dass der bereits bestehende Kontakt und eine gewisse Vertrautheit zwischen den Partnern geholfen hat, Hemmungen im Laufe der ersten Begegnung schneller abzubauen, wodurch sie intensiver wurde. Auch die Eltern waren im Vorfeld der Fahrten ängstlich gewesen, da Auslandsreisen in der Grundschule unüblich sind. Diese Ängste legten sich u.a. durch o.g. dt.-frz. Elternabende sowie die Möglichkeit schneller Elternkontakte und das Absenden regelmäßiger Tagesresümees per E-Mail während der Begegnungen. Durch die neuen Medien wurde auch ein Presseartikel vorbereitet, der in Baden-Baden noch vor der Heimkehr der dt. Partner erschien.
Werner und Mireille waren innerhalb des Projekts sowohl Multiplikatoren, deren Begeisterung sich auf das Umfeld übertrug, als auch Antrieb.

"Der Motor, das sind wir und unsere Zusammenarbeit. Dabei geht es um Teamgeist und die richtige Chemie." 14) (Zitat Mireille Glunk)


Beide betonten wie wichtig es sei, das Projekt weiterzuführen. In Baden-Baden verhalf "Tele-Tandem" dem Unterrichtsfach Französisch zu wirkungsvoller Werbung und Zulauf (siehe unten) und wurde sowohl in der Presse als auch auf einer Schulleiterkonferenz in Baden-Baden thematisiert.
15) Werner regte an, diese Art der grenzüberschreitenden Spracharbeit fest in die Lehrerausbildung einzubauen. Vor allem dort, wo große geografische Nähe herrsche, nämlich in den Grenzregionen, sei die Distanz oft am größten.

Was die Wirkung auf die Schüler betrifft, seien sowohl die dt. als auch die frz. Partner "begeistert und hochmotiviert" gewesen; sie unterhalten weiterhin private Kontakte. Mireille betonte, dass das Vergnügen und die Freude am "Tele-Tandem"-Projekt vor allem darin bestünden, dass man sich sowohl der Sprache des Partners als auch der Muttersprache neu bewusst wird – ebenso wie der persönlichen Verantwortung, die das eigene Lernen, aber auch das Lehren des anderen mit sich bringt. Das gelte für die Schüler ebenso wie für die Lehrer, wobei dies nicht nur den technischen, sondern auch den interkulturellen Bereich betrifft. So haben z.B. die vier dt. Kollegen, die die Fahrt nach Guéret begleiteten, den frz. Schulalltag erleben können, was für sie eine interessante Erfahrung gewesen sei. Für Werner liegt das Spezifische am "Tele-Tandem"-Projekt darin, dass dadurch auch der Fremdsprachenunterricht in der Grundschule Realitätsnähe erhält. Die Kinder verstehen, dass auf der "anderen Seite zur gleichen Zeit auch ein junger Franzose bzw. Deutscher sitzt, der ebenso isst, schläft und zur Schule geht." Das einzig "Künstliche" an dieser Situation sei anfänglich die computergestützte Kontaktaufnahme zwischen den Schülern.

Die langjährige Freundschaft zwischen Werner und dem frz. Schulleiter
16), der die Teilnahme am Projekt anregte, hat sich positiv auf die Durchführung des Projekts ausgewirkt und die Kooperation zwischen Werner, Mireille und Chantal begünstigt. Auf institutioneller Ebene war die Stadt Guéret im Vorfeld der "Tele-Tandem"-Sitzungen zunächst skeptisch gewesen, bot dann aber Unterstützung. Sie sorgte pünktlich zur ersten Sitzung für ADSL in Mireilles Schule. Die Inspections académiques autorisierten zwar für jenen Tag die Einladung von Pressevertretern und die Dokumentation der Sitzung durch das DFJW, verlangten jedoch laut Mireille nie einen entsprechenden Bericht. Auf dt. Seite wurde "der Öffentlichkeit die Machbarkeit eines solchen Projektes verdeutlicht". Auch einige von Werners Kollegen interessieren sich für "Tele-Tandem". Auf einem Lehrer-Fortbildungsseminar in Gaggenau wird er von dem Projekt berichten. Werner unterrichtet im Schuljahr 2004/05 u.a. eine 2. Klasse, die bereits 2003/04 mit Französisch als 1. Fremdsprache begann 17) . Viele seiner ehemaligen "Tele-Tandem"-Schüler, die im neuen Schuljahr weiterführende Schulen besuchen, werden weiterhin Französisch lernen. Werner wird "Tele-Tandem" auch im folgenden Schuljahr fortsetzen und hofft, gemeinsam mit Mireille zwei 14-tägige Austauschbegegnungen organisieren zu können. Für Werner ist es wichtig, dass auch Nicht-Grenzregionen die Möglichkeit haben, physische Sprachbegegnungen durchzuführen. Deshalb wird er die Partnerschaft mit der Ecole Jacques Prévert weiter pflegen. 18) Viele von Mireilles einstigen germanistes sowie die anglistes, die an den physischen Begegnungen teilnahmen (15 Schüler insgesamt), besuchen auf dem collège nun eine "classe bilangue" 19), d.h. sie lernen gemeinsam Deutsch und Englisch.

 
 

retour Inhaltsverzeichnis weiter