Tele-Tandem
Mise en pratique dans les classes partenaires / Umsetzung in den Partnerklassen

Katja Eisenächer
"Tele-Tandem"- Auswertungstagung
Stuttgart, 10.-12. September 2004
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Inhaltsverzeichnis


 
 
1.2 Fléac / Marktbreit
(Andrea Cand und Margit Hintermair)

Die "Tele-Tandem"-Partnerschaft zwischen Margit und Andrea beruht auf einer 20-jährigen Städtepartnerschaft zwischen Fléac und Marktbreit; die beiden Schulen betreiben seit 15 Jahren Schüleraustausch. Im Rhythmus von zwei Jahren finden Begegnungen statt.

Andrea ist Deutsche, ihr Deutschkurs (1. FS) zählte 10 Schüler, Margits Französischkurs 9 Schüler.
20) Margit unterrichtet Französisch in AGs von Klasse 1-4 21), erste Fremdsprache ist in ihrer Schule Englisch ab Klasse 3 bzw. 4. Die Schüler waren auf beiden Seiten im Alter zwischen 10 und 11 Jahren. Einmal im Monat fand eine 30-minütige "Tele-Tandem"-Sitzung statt, die von den beiden Lehrerinnen durch regelmäßige gemeinsame Absprachen vorbereitet wurde. Schwierig war die Festlegung der Termine: Die dt. Kinder verzichteten für "Tele-Tandem" sogar auf ihre Pausen. Bereits 2002 hatten Andrea und Margit in Evian an einer Schulung des DFJW zur Tandemmethode teilgenommen und führten während eines Austausches im Mai/Juni 2003 erste Tandemübungen durch. Dabei beobachteten sie bei ihren Schülern im Vergleich zu früheren physischen Begegnungen ein "Miteinander statt Nebeneinander". So entstand die Neugier auf das "Tele-Tandem"-Projekt.

Insgesamt kamen im Schuljahr 2003/04 vier "Tele-Tandem"-Sitzungen zwischen Fléac und Marktbreit zustande. Das Thema der ersten Sitzung (Audio / Video) lautete "Weihnachtsbäckereien" ("pâtisseries de Noël"). Hierzu wurden kulturelle Informationen und Plätzchenrezepte ausgestauscht. Letztere wurden für die bevorstehenden Weihnachtsfeiern in den jeweiligen Schulen von den dt. und frz. Schülern umgesetzt. Die zweite Sitzung (Video / Mail) stand im Zeichen des Karnevals. Die "Tele-Tandem"-Partner tauschten thematischen Wortschatz aus und mussten die Verkleidungen ihrer dt. und frz. Partner erraten ("Qui est qui ?"). Die frz. Kinder waren begeistert von dieser dt. Tradition und genossen das Kostümieren sichtlich. Die unterschiedliche Esskultur der Partnerländer war Thema der dritten "Tele-Tandem"-Sitzung (Video / Telefon). Hierzu wurden Informationen zu den dt. und frz. Essgewohnheiten ausgetauscht mit dem Ziel, später im Unterricht ein Frühstück im Stil des Partners zu organisieren. Bei der vierten Sitzung (Video / Telefon) versandten die Partner wiederum ein Rezept, diesmal für ein dt. und ein frz. Hauptgericht, welches innerhalb von Sketchen "zubereitet" und den Eltern präsentiert wurde. Dabei wählten die Schüler bewusst relativ komplexe Gerichte, da sie das Vokabular interessierte. Obwohl die Projektarbeit aus organisatorischen Gründen nicht in eine physische Begegnung gipfelte, gab es während der Kooperation einen "roten Faden", d.h. konkrete Aufgaben und konkrete Ziele. Die Schüler wussten, dass es keine physische Begegnung geben würde. Sie betrieben "Tele-Tandem" nicht, um sich persönlich zu treffen, sondern um zu lernen. Die Projektarbeit stellte eine Etappe des gesamten Lernprozesses dar.

Beide Lehrerinnen berichteten von der "magischen Wirkung" der modernen Technik auf die Schüler ("On les voit, on les voit!" / "Sind die das...in echt, Frau Hintermair?"
22)). Die Mit- und Zusammenarbeit am "Tele-Tandem"-Projekt war von großer Begeisterung und Motivation gekennzeichnet – obwohl "die Phasen der Vorbereitung während des Unterrichts manchmal ein bisschen lange gedauert haben" 23) und die Schüler frustriert waren, wenn die Technik nicht mitspielte. Dafür werden Andreas Schüler wohl nie mehr vergessen, was "rote Marmelade" 24) ist. Andrea berichtete weiter, dass ihre Schüler, die über gute Deutsch-Kenntnisse verfügen und ein eher traditionell-schulisches Lernen gewohnt sind, sich zunächst nicht vorstellen konnten, durch "Tele-Tandem", d.h. "ohne Stift und Arbeitsheft", etwas lernen zu können. Sie hatten nicht den Eindruck zu arbeiten, stellten aber im Laufe der Projektarbeit überrascht fest, dass diese neue Art des Lernens nicht weniger effizient war als der reguläre Unterricht. Ungewohnt war für Andreas Schüler auch, dass ihre Lehrerin nun öfter Französisch mit ihnen sprach. Das war allerdings nötig, um Charakter und Ziel des "Tele-Tandem"-Projekts sowie das Tandemprinzip zu erklären.

Andrea kann sich nach den Erfahrungen der letzten beiden Jahre keinen Sprachunterricht mehr ohne realen Kontakt vorstellen ("Je ne peux plus imaginer des cours sans un contact réel.") und Margit beschrieb, wie ihre Schüler sich untereinander Mut machten und wenig Scheu zeigten, die Projektarbeit mit den frz. Schülern anzupacken ("Die helfen uns schon!"). "Tele-Tandem" bzw. die entsprechende Aus- und Fortbildung hatte auch auf Margits pädagogische Praxis Einfluss: Sie integriert nun verstärkt authentisches Audio-Material in ihren Französisch-Unterricht. Ein weiterer positiver Effekt der "Tele-Tandem"-Arbeit war, dass Schüler, die sonst im Unterricht Schwierigkeiten hatten (durch Ausspracheprobleme oder Introvertiertheit), im Kontakt mit den Partnern über sich hinaus wuchsen. 
25) Gerade für diese Schüler hätte sich Andrea noch mehr "Tele-Tandem"-Sitzungen gewünscht.

"Es ist interessant, zu beobachten, dass "Tele-Tandem" helfen kann, für Schüler sprachlich einen neuen Anfang zu finden. Es ist ein Instrument, mit dem sich eine Gruppe umschichten lässt." (Zitat Albert Raasch)

Der Aspekt "tele" ist innerhalb des "Tele-Tandem"-Projekts ein Werkzeug. Dahinter stehen Menschen. Die Kinder begreifen das und nutzen das Werkzeugintuitiv." (Zitat Irmi Baumann)

Auf institutioneller Ebene hat das Projekt einen ganz besonderen Effekt erzielt. Eigentlich sollte eine andere Deutsch-Assistentin Andreas Posten in Fléac übernehmen (für nur sieben Monate). Dank des Einsatzes engagierter Eltern, die eine entsprechende Unterschriftenaktion starteten, kann Andrea die seit dreizehn Jahren als Deutsch-Lehrerin an dieser Grundschule tätig ist, dort auch in den folgenden zwei Jahren unterrichten und das Projekt "Tele-Tandem" weiterführen. Langfristig steht es in der Charente jedoch schlecht um den Deutschunterricht im Primarbereich: Er soll bald abgeschafft werden. Positiv ist allerdings, dass Andrea die Erlaubnis bekam, das Projekt in ihrer Region vorzustellen. Ein benachbartes collège öffnete auf Druck vieler Schüler ihrer ehemaligen CM2 sowie deren Eltern für das Jahr 2004/05 eine (25-köpfige) classe bilangue. In Margits Schule gibt es für 2004/05 mehr Anmeldungen für Schüleraustausch als in den Jahren zuvor.

 
 

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