Tele-Tandem
Mise en pratique dans les classes partenaires / Umsetzung in den Partnerklassen

Katja Eisenächer
"Tele-Tandem"- Auswertungstagung
Stuttgart, 10.-12. September 2004
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Inhaltsverzeichnis


 
 
1.4 Wangerooge / Montauban
(Karin Kaluschke und Martine Conquet)

Karin unterrichtet auf einer Insel, Kontakte zu frz. Partnern gestalten sich organisatorisch und geografisch schwieriger als in anderen Fällen. Ihre Bekanntschaft mit Martine reicht in das Schuljahr 2002/03 zurück, in welchem sie eine Annonce aufgab, da sie für ihren Französischkurs frz. Partner suchte. Im Jahr 2003 wurde die gemeinsame Bewerbung für das "Tele-Tandem"-Projekt akzeptiert. Die Subventionierung durch das DFJW vereinfachte die Akzeptanz durch die jeweiligen Schulleitungen und Behörden. Auch bei den Kollegen stieß das Projekt auf Interesse. So standen sich im Schuljahr 2003/04 fünf Schüler einer 3ème und vier Schüler einer 9. Klasse (Gymnasium) gegenüber, die ihre "Tele-Tandem"-Arbeit rund um das Thema "Der dt.-frz. Planet" 41) aufbauten. Bald war "Tele-Tandem" nicht mehr nur den "Tele-Tandems", sondern den beiden Schulen generell ein Begriff, wobei die Schüler als Multiplikatoren fungierten und auf frz. Seite deutlich wurde:

"L’allemand existe, le "Tele-Tandem" existe." (Zitat Martine Conquet)

Von Vorteil für die Projektarbeit war, dass die Partner ihre Themen einmal wöchentlich per Schrift-Chat vorbereiten konnten. 42) Anfangs korrigierten sie ihre Nachrichten noch gegenseitig, ließen davon zugunsten der inhaltlichen Evolution der Projekte aber bald ab. Der ursprüngliche Plan jeweils in der Muttersprache zu chatten, kehrte sich eigendynamisch ins Gegenteil um: Die Partner schrieben sich nach kurzer Zeit in der jeweiligen Fremdsprache. Audio-Kontakt, welcher für Karins Schüler von größerer Bedeutung gewesen wäre als eine Webcam-Verbindung, kam aus technischen Gründen nicht zustande. Er ist für Herbst 2004 geplant. Die Schwierigkeit der Internetbegegnungen lag in der Festlegung der Termine und darin, dass Martine die frz. Klasse eigentlich nicht unterrichtet. 43) Karins Französischkurs war durch die geringe Schülerzahl flexibel und konnte sich nach Martines Schule richten.

Wie Martine berichtete, blieb die realitätsnahe Projektarbeit nicht ohne Wirkung. Bei ihren Schülern rief sie eine "unglaubliche Motivation" ("une motivation merveilleuse") hervor und das "Bedürfnis zu sprechen, zu kommunizieren". Sie fügte hinzu, dass durch "Tele-Tandem" im Vergleich zu zurückliegenden traditionellen Begegnungen eine nachhaltige Wirkung erreicht wurde.
44) Aber auch anderweitig erzielte die Projektarbeit positive Lerneffekte. Als es während der physischen Begegnung im Juni 2004 in Montauban darum ging, für den dt.-frz. Planeten künstlerisch tätig zu sein, strengte sich ein Schüler Martines, der sonst im Unterricht Schwierigkeiten hat, besonders an und entwickelte sich zu einem wahren Künstler (Hervortreten und Einbringen anderer Fähig- und Fertigkeiten / Übertragbarkeit). Ein weiteres Plus des Projekts war, dass sich die Schüler durch ihre Doppelrolle als Lernende und Lehrende der Schwierigkeit des Lehrens bewusst wurden "und Lösungen fanden, an die die Lehrer nicht unbedingt gedacht hätten". 45) Innerhalb der nationalen aber auch der binationalen Zusammenarbeit kam der "Zwang zum korrekten Arbeiten" nicht mehr von den Lehrern, sondern von den Mitgliedern der Gruppe – sowohl den eigenen Mitschülern als auch den Partnern. Die frz. Gruppe, so Karin, habe sich durch das "Tele-Tandem"-Projekt erst als solche geformt und einer ihrer Schüler sei durch die Tridemarbeit mit zwei Französinnen stets zu "anständigem Arbeiten" angehalten worden. Das Verantwortungsgefühl für die gemeinsame Aufgabe entwickelte sich von innen heraus, die Lehrer sorgten lediglich für die Rahmenbedingungen. Eigendynamik herrschte auch bei der Problembewältigung. Wie Karin berichtete, tauschten sich ihre Schüler untereinander über im Laufe der Projektarbeit auftretende Probleme und nach der physischen Begegnung auch mit den frz. Partnern über die jeweiligen Reaktionen zu bestimmten Ereignissen aus (siehe weiter unten).

Der Einbezug der neuen Medien hatte auch einen positiven Einfluss auf das interkulturelle Arbeiten, welches dadurch realitätsnah wurde. Allein während der "Tele-Tandem"-Sitzungen entdeckten die Partner 75 % aller beobacheten interkulturellen Unterschiede, z.B. zur dt. und frz. Arbeits- und Denkweise ("Erst Chaos und dann Struktur oder erst Struktur und dann Chaos?")
46). Das durch die Arbeit mit den neuen Medien mögliche direkte Reagieren erwies sich dabei als förderlich für die dt.-frz. Kommunikation. Die während der Sitzungen gewonnenen interkulturellen Kenntnisse wurden während der physischen Begegnung ausgebaut. Der Aufenthalt in der frz. Partnerschule war durch die "Tele-Tandem"-Vorbereitung nicht mehr durch "Zuschauen", sondern durch Agieren geprägt. Karin berichtete von einem Ereignis, dass sich während der Begegnung der Partner im Rahmen des Besuchs in der "Cité de l’espace" in Toulouse abspielte, wo die Partner gemeinsam einen Platz für den dt.-frz. Planeten bestimmen sollten, den sie vorher gebastelt hatten. Einen Monat nach der Begegnung wurde das Geschehene von beiden Gruppen getrennt reflektiert und das Ergebnis, je ein einseitiger Aufsatz, den Partnern übermittelt. Abgespielt hatte sich Folgendes: In der Cité waren die deutschen Schüler den Franzosen zunächst "hinterher gelaufen", ohne genau zu wissen, wie sie vorgehen sollten. Da von den frz. Partnern keine Hilfe kam (weil diese ebenso wenig weiter wussten) isolierten sich die dt. Schüler bald und versuchten, der Aufgabe allein nachzugehen. Die jungen Franzosen waren bald ebenso "genervt", aber aus einem anderen Grund: Sie waren wenig begeistert davon, dass die dt. Partner scheinbar unter sich bleiben wollten.

Die nächste Begegnung wird im Oktober 2004 auf Wangerooge stattfinden. Karins Schüler bekamen bereits den Auftrag, sich vier Themen auszusuchen (z.B. Sportarten, Fußball), zu denen sie eine erste Planung inklusive Lernziel und frei gewählter Präsentation (z.B. Collage, PowerPoint-Präsentation) erstellen sollten. All dies wird den frz. Partnern zwecks Tandembildung übermittelt. Die Rückbegegnung ist für Mai 2005 geplant.

 
 

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